Forschungsprojekt Auwald

Entwicklung stabiler Ufergehölzsäume

Der Rückgang unserer Auwälder

Das Wasserwirtschaftsamt Weiden setzt kontinuierlich Maßnahmen zur naturnahen Wiederherstellung von Gewässern und zur Beseitigung von Wanderbarrieren für Fische um. Diese dienen auch dem Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, an allen Gewässern bis 2027 den „guten Zustand“ zu erreichen. Zur Erreichung des guten ökologischen Zustands leistet die Beschattung eines Gewässers durch funktionsfähige Ufergehölzsäume und Auwälder darüber hinaus einen ebenso wichtigen Beitrag. Diese gewässertypischen Gehölzstrukturen übernehmen dabei eine essentielle Funktion als Lebensraum im und am Gewässer für eine Vielzahl an Tierarten. Sie sorgen zudem dafür, dass die Gewässer im Sommer kühl bleiben und sich die Fische darin weiter wohl fühlen.

Mit der jahrhundertelangen Nutzung der fruchtbaren Talgründe, beginnend mit der Besiedelung durch die sogenannten Bandkeramiker, verschwanden die ersten Auwaldbereiche. Ganz besonders aber im vergangenen Jahrhundert wurden Bäche und Flüsse begradigt und Auwälder großflächig gerodet, um landwirtschaftlich nutzbare Fläche zu gewinnen. So wurden an weiten Abschnitten unserer Fließgewässer diese immens wichtigen Gehölzstrukturen nachhaltig beeinträchtigt oder sind gar gänzlich verloren gegangen.

Eine Möglichkeit, wieder Gehölzstrukturen entlang der Fließgewässer zu schaffen, ist die Pflanzung junger Gehölze. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Pflanzmaßnahmen oft mit einem erheblichen personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden sind. Die jungen, meist aus der Baumschule stammenden Gehölze benötigen am Anfang viel Pflege. Bei der Vielzahl an zu bepflanzenden Flusskilometern stellt dies eine nahezu nicht zu bewältigende Herausforderung dar.

Naturverjüngung als Vorbild

Auf der Suche nach Alternativen zu den gängigen Pflanzungen lehnt sich das Wasserwirtschaftsamt Weiden an das Konzept des klimagerechten Waldumbaus an. Die
Bayerische Forstverwaltung organisiert den dringend erforderlichen Umbau unserer Wälder in klimatolerante Mischwälder seit vielen Jahren unter anderem durch Naturverjüngung, also die Förderung des natürlichen Anflugs von Samen. Die aus angeflogenen Baumsamen hervorgegangenen Gehölze bieten den Vorteil, dass keine sensible Anwachsphase notwendig ist. Zudem kommen sie in jungen Jahren meist besser mit den Standorteigenschaften zurecht und können so z. B. Trockenphasen im Sommer besser überstehen. Auch finanzielle Gründe sprechen für natürliche Alternativen zur Etablierung stabiler Ufergehölzsäume. Im Gegensatz zu Pflanzungen sind diese meist deutlich kostengünstiger und weniger pflegeintensiv realisierbar. Schließlich liefert die Natur die Samen kostenlos und massenhaft.

Wenige Wochen alte Flatterulme nach dem SamenaustriebBild vergrössern Wenige Wochen alte Flatterulme nach dem Samenaustrieb

Voraussetzungen der Naturverjüngung

Allerdings hängt der Erfolg einer Naturverjüngung von vielen Faktoren ab. So dürfen Samenbäume nicht in zu großer Entfernung zu den zukünftigen Ufergehölzsäumen stehen. Um den in der Regel durch Wind verdrifteten Samen eine Keimfläche zu bieten, muss die mit Gras verwachsene Bodenkrume aufgerissen werden. Wenn die Samen am Boden auftreffen, brauchen sie ausreichend Feuchtigkeit, um keimen zu können. Und die frischen Keimlinge müssen vor Wildverbiss geschützt werden, weil sie für Rehe, Hasen und auch den Biber eine schmackhafte Abwechslung zum üblichen Speiseplan darstellen.

Erfahrungen sammeln

Um eine verlässliche Methode zu entwickeln und mögliche Fehler zu vermeiden, hat das Wasserwirtschaftsamt Weiden Ende 2019 das Ingenieurbüro H&S GbR aus Freising zusammen mit der TU München damit beauftragt, ein Konzept zur Beprobung unterschiedlicher Herangehensweisen zu erstellen. Ziel dieser zunächst auf drei Jahre angelegten Versuchsreihe ist es, eine praktikable, kostengünstige und massentaugliche Möglichkeit zu entwickeln, schnell und effizient stabile und funktionsfähige Ufergehölzsäume zu schaffen. Im Fokus steht dabei nicht nur die Naturverjüngung selbst, sondern auch unterstützende Tätigkeiten wie das Ausbringen von Samen und Stecklingen sowie verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Pflanzen vor Wildverbiss.

Anfang 2020 hat das Wasserwirtschaftsamt Weiden verteilt über sein gesamtes Amtsgebiet an acht unterschiedlichen Fließgewässern Versuchsflächen von je etwa 1.000 m² Größe ausgewählt und nach Vorgabe des Ingenieurbüros angelegt. Auf den Flächen kommen verschiedene Kriterien nebeneinander als Vergleichsmöglichkeit zur Anwendung, wie beispielsweise offener Boden, künstliches Aufbringen von Baumsamen, Schutz durch Wildzaun oder Einzelschutzmaßnahmen, Einbringen von Weidenstecklingen und noch einiges mehr.

Eine der Versuchsflächen - direkt nach dem AnlegenBild vergrössern Eine der Versuchsflächen - direkt nach dem Anlegen

Regelmäßige Entwicklungskontrolle

Die Mitarbeiter des Ingenieurbüros beobachten die Entwicklung der Flächen. Bei regelmäßigen Ortseinsichten dokumentieren sie Erfolg oder Misserfolg sowie mögliche Gründe dafür. Jeweils zum Jahreswechsel legt das Büro einen Zwischenbericht und am Ende der Projektzeit einen Abschlussbericht vor.
Man ist sich einig, dass dieses Versuchsprojekt Erfolg verspricht und wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Stärkung der unsere heimischen Gewässer begleitenden Gehölzstrukturen liefert.

Weiterführende Informationen

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